Der Beitrag Agile Unternehmenskultur stellt einen ganzheitlichen Ansatz zur kontinuierlichen Weiterentwicklung ihres Kerngeschäfts und der damit verbundenen Prozesse und Produkte dar.
Abhängig von der Größe eines Unternehmens müssen die wesentlichen Informationen als Kraftstoff der Geschäftsprozesse mit geeigneten Werkzeugen ausreichend genau, und zugleich ausreichend flexibel und wartbar für alle Mitarbeiter bereit gestellt werden, die Prozesse anwenden, oder selbstverantwortlich mit gestalten und automatisieren.
Zur Orientierung wird eine Prozesslandkarte empfohlen, die alle notwendigen Wertschöpfungsketten, Geschäftsprozesse mit den wichtigsten Zusammenhängen grafisch veranschaulicht, und die interessierten Mitarbeitern die Navigation zu einer groben Beschreibung der einzelnen Prozesse und Teil-Prozesse erlaubt. Dabei steht weniger der detaillierte Input/Output und Ablauf im Vordergrund, sondern die Rolle der einzelnen Teil-Prozesse in der organisatorischen oder betrieblichen Wertschöpfung. Eine empfohlene Darstellung bietet die BPMN Notation aus der Prozess-Analyse und der agilen Lean UML Methode. Die fachlichen Abläufe können z.B. mit Hilfe von "Event Storming" Workshops zur Domänen- und Prozessanalyse erarbeitet werden.
Drei wichtige Ergänzungen führen vom herkömmlichen Prozess-Management zum "flexibel gestaltbaren Geschäftsprozess":
- Agiles Anforderungs-Management durch interdisziplinäre Teams beschleunigt die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen als integrierter Bestandteil digitaler Produkte/Wertschöpfung
- "flexibel gestaltbar" beinhaltet den Einsatz ausführbarer Prozessmodelle (z.B. BPMN) sowie den Einsatz fortschrittliche Techniken der Prozessautomatisierung, z.B. unter dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI, AI, RPA) und mit Hilfe historischer Prozess-Daten
- Ausgewählte Architekturen erlauben eine schnellere direkte Adaption implementierter Geschäftsprozessen durch Prozess-Verantwortliche, z.B. durch vorgefertigte Low-Code Prozess-Bausteine und durch daten-basierte No Code Werkzeuge
Die Darstellung, Erarbeitung, Überwachung und laufende Wartung und Verbesserung bestehender und geplanter Geschäftsprozesse wird zunehmend zu einem unverzichtbaren Fundament moderner Unternehmen und Organisationen.
Die Dokumentation und das Monitoring von abstrakten Geschäftsprozessen aus fachlicher Sicht sollte getrennt von der Möglichkeit genutzt werden, technische Prozess-Modell in einer Prozess-Engine wie Zeebe direkt auszuführen. Ein ausführbarer technischer Prozess kann die abstrahierte fachliche Prozess-Dokumentation nicht ersetzen, da technische Prozessmodelle zu viele störende technische Details enthalten. Außerdem existiert kein Wunderwerkzeug, das aus einer flexiblen Prozessbeschreibung aus Geschäftssicht ein ausführbares Prozess-Modell erzeugen kann, das den praktischen Anforderungen im täglichen Einsatz genügt und das automatisierbar testbar ist.
Anforderungs-Management zur Realisierung von Geschäftsprozessen
Fachliche Anforderungen sollten nicht ohne den Zusammenhang des geschäftlichen Hintergrundes gesammelt und dokumentiert werden. Anforderungen werden sinnvollerweise aus dem Ergebnis einer Geschäftsprozess-Analyse abgeleitet, und aus Sicht der beteiligten Prozesse strukturiert, um die Verbindung "zum großen Ganzen" nicht zu verlieren, das in Form einer "Prozesslandkarte" dokumentiert werden kann.
Anwendungsfälle (Use Cases) können als Bindeglied zwischen Geschäftsprozessen und fachlichen Anforderungen verwendet werden - siehe z.B. Beitrag "Lean UML". Anwendungsfälle helfen, das praktische Zusammenspiel von Menschen, IT-Services und Applikationen übersichtlich und im gerade notwendigen Detaillierungsgrad systematisch zu beschreiben. Dabei müssen übergeordnete Geschäftsprozesse als Vorgabe berücksichtigt werden. Aber auch die Ablaufvarianten von Anwendungsfällen (z.B. Normal-Fall, Fehlerfall) können mit Hilfe von Prozessdiagrammen illustriert werden.
Integrierte Prozess- und Anforderungsdokumentation im Intranet
Aus Sicht der eingangs beschriebenen prozessorientierten Unternehmenssteuerung sind flexible Dokumentationen bestehender und neu geplanter Prozesse und die daraus abgeleiteten Anforderungen für Abläufe und Services unverzichtbar für die kontinuierliche Evaluation und Optimierung der angewendeten Prozesse auf allen Ebenen einer Organisation.
Vor diesem Hintergrund bietet auch die laufend aktualisierte Prozess- und Anforderungs-Dokumentation für mit diesen Prozessen verbundene Software-Produkte einen validen Geschäftswert. Veraltete Software ohne aktuelle Dokumentation und ohne dokumentierte Verbindung zum aktuellen Stand der Geschäftsprozesse bietet keinen Geschäftswert. Auf Grund der damit verbundenen "technischen Schuld" ist ein negativer Geschäftswert anzunehmen.
Hinweis: Diese Erkenntnis erfordert bei der Implementierung von agilen, leichtgewichtigen Vorgehensmodellen entsprechendes Umdenken, da dort Dokumentation generell (und zu Recht) im Verdacht steht, verzichtbarer Ballast zu sein - vgl. Agile Missverständisse für eine Diskussion der damit verbundenen Fragen.
Im Gegensatz dazu dient eine im Intranet online verfügbare aktuelle Prozess- und Anforderungssammlung und eine aktuelle Schnittstellen-, Service- und Api-Dokumentation der Wertsicherung bestehender Prozesse und IT-Lösungen und bildet die Grundlage zur Planung verbesserter oder neuer Prozesse in einer konkurrenzfähigen Zeitspanne, siehe auch: agiles Anforderungsmanagement.